Mein Heldensterben 27. Oktober 2016

David Bowie, Götz George, Roger Cicero, Tamme Hanken, Peter Lustig, Nicolaus Harnoncourt, Guido Westerwelle, Genschman, Prince, Benoit Groult, Neville Marriner, Walter Scheel und nun auch noch Manfred Krug. Musiker, Politiker, Dirigenten, Schriftsteller, Schauspieler. Menschen die in den vergangenen Jahrzehnten mein Leben begleitet, geprägt, belustigt, verschönt haben. Einige von ihnen – nicht viel älter als ich.

Aha – das Leben ist also endlich. Nicht das wir dies nicht wüssten aber ist es uns auch bewusst? Leben und Tod gehören zusammen, nie war mir das bewusster als in dem Moment, als unsere besten Freunde uns, bei einer Fiaker Fahrt über den Wiener Zentralfriedhof erzählten, dass sie im Dezember ein Kind erwarten. Kurz danach zog der weiße Flügel, das Andenken an Udo Jürgens, an uns vorbei.

Unsere Zeit auf Erden ist begrenzt und mit jedem Heldentod und gerade dann wenn man mehr als die Hälfte schon gelebt hat, rückt diese Tatsache ein wenig mehr ins Bewusstsein. Und trotzdem erwische ich mich dabei, dass ich viele Dinge verschiebe – so als hätte alles noch ewig Zeit. So erwische ich mich dabei eher die Wohnung zu putzen anstatt den ruhigen Herbsttag zu nutzen, in der Sonne zu sitzen und mich einem guten Buch zu widmen. Nicht das dieser Putz jetzt grad dringend nötig gewesen wäre. Die Macht der Gewohnheit? Staub hat in meinem perfekten Haushalt nichts verloren? Was treibt mich dazu zum Staubwedel und nicht zum Buch zu greifen? Zumal Putzen nicht zu den Dingen gehört die ich saugut finde – Lesen hingegen schon. Ehrlich – ich weiß es nicht. Kann man das Bewusstsein auf die Endlichkeit des eigenen Lebens trainieren? Oder braucht es dazu Nahtoterfahrungen? Was macht es so schwer bewusster den Tag zu erleben ohne gedanklich schon den nächsten zu planen, den Moment zu genießen ohne nach kurzer Zeit schon wieder zum Smartphone zu greifen um Mails oder Textnachrichten zu checken, ein Glas Wein zu genießen ohne den Rest der Flasche zu leeren. Einen Weg mal zu schlendern anstatt den Gehweg entlang zu hetzen. Tief durchatmen anstatt Schnappatmen. Einkaufen gehen anstatt Online Shopping. Kaffee im Kafffeehaus und nicht „to go“. Alltägliche Situationen und damit in gern und oft hineingetappte Fallen.

Was mir wohl meine heurig verstorbenen Helden dazu rieten? Achtsam sein! Carpe diem? Nicht aufhören an der Achtsamkeit seines eigenen, einzigen, begrenzten Lebens zu arbeiten. Lernen stehen zu bleiben – denn rennen können wir offensichtlich alle, immerzu. Mehr zuhören als selber reden? Öfter mal die Stille genießen? Den Lieben Zeit schenken, ein offenes Ohr, eine Umarmung und nicht in diversen Konsumtempeln nach Geschenken suchen. Gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit zu bedenken. Wie viel Zeit wir damit verbringen Geschenke für die Liebsten zu kaufen. Wäre diese Zeit nicht besser in gemeinsame Aktivitäten investiert?

Keiner der toten Helden wird mir darauf Antworten geben können, denn diese liegt in mir und beim Schreiben dieser Zeilen stelle ich fest, dass ich noch einen Weg mit und vor mir habe, den ich gehen muss um mir und meinem Leben die verdiente Achtsamkeit entgegen zu bringen.

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